Hamburg, 30. Januar 2018 Mit dem Ausbau des Frauenmachtanteils in ihren Führungsebenen tun sich deutsche Medien weiter schwer. Aber immerhin liegen mit „Spiegel“ und „Zeit“ zwei von acht untersuchten Printredaktionen über der 30-Prozent-Marke, zwei weitere, nämlich „Bild“ und „Stern“ bleiben nur knapp darunter. Mit 37,5 Prozent weiblichem Machtanteil erreicht „Der Spiegel“ einen neuen Höchstwert und löst „Die Zeit“ (35,1 Prozent) an der Spitze der Printmedien ab. Dies ergibt die aktuelle Erhebung des Vereins ProQuote Medien, der halbjährlich das Geschlechterverhältnis in den Chefetagen deutscher Leitmedien unter die Lupe nimmt.

„Gemessen an den Ergebnissen unserer ersten Zählung 2012 ist das ein gewaltiger Fortschritt“, so ProQuote Vorstandsvorsitzende Maren Weber, „gemessen am Anspruch einer tatsächlich gleichberechtigten Verteilung von Führungsaufgaben zeigen sich die großen Printmedien nicht besonders innovativ.“ Größter Verlierer im aktuellen Ranking ist der „Focus“ mit nur 9,1 Prozent gewichtetem Frauenanteil (im Juni 2017 noch 22,9 Prozent). Dort gibt es derzeit auf Chefredaktions-, Textchef- und Ressortleiterebene keine einzige Frau.

Die „Bild“ bewegt sich sogar rückwärts von 36 Prozent im Januar 2017 auf nur 29,8 Prozent Frauenmachtanteil auf Führungsebene in der aktuellen Zählung. Die Verluste sind in erster Linie auf die im vergangenen Sommer gegründeten Kompetenzzentren „Auto“ und „Sport“ zurückzuführen, die jeweils über eigene, stark männlich dominierte Redaktionsapparate verfügen. „Dabei haben wir der Bild-Zeitung für ihr gutes Ergebnis vor einem Jahr noch einen Preis verliehen, die ‚Goldene Avantgardeschnecke’“, bedauert Maren Weber. „Wir haben nicht geahnt, dass die Schnecke so schnell den Rückwärtsgang einlegen würde.“

Weit besser sieht die Gender-Verteilung in den Online-Redaktionen aus: Stern Online kann mit 52,4 Prozent als erstes Medium die 50-Prozent-Latte reißen. Es geht also! Erst vor wenigen Wochen hat stern.de-Chefredakteurin Anna-Beeke Gretemeier, die seit Herbst 2017 im Amt ist, ihr Führungsteam komplettiert und unter anderem Laura-Lena Förster zur stellvertretenden Chefredakteurin berufen. Auch in anderen Online-Redaktionen geht es voran: Bis auf bild.de konnten alle untersuchten Medien zulegen. So erreicht Focus Online einen gewichteten Anteil weiblicher Führungskräfte von 37 Prozent. Noch ein wenig mehr zu sagen haben Frauen bei Spiegel Online (37,5 Prozent) und Zeit Online (41,1 Prozent). In der Redaktion von sueddeutsche.de (31,1 Prozent) macht sich die kürzliche Berufung von Iris Mayer als stellvertretende Chefredakteurin positiv bemerkbar.

Den geringsten Anteil weist bild.de mit 15,1 Prozent auf. Ähnlich bescheiden sieht es bei faz.net aus, das bei enttäuschenden 15,8 Prozent liegt. Damit sehen die Machtverhältnisse bei den Frankfurtern online kaum besser aus als gedruckt.

Der gemeinnützige Verein ProQuote zählt und vergleicht seit 2012 die Frauenanteile auf den Chefsesseln deutscher Medien. Seit 2017 wird dieses Gender Monitoring vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt. Zu den untersuchten Leitmedien zählen „Bild“, „Spiegel“, „Focus“, „Stern“, „Zeit“, „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und „Welt“ sowie – seit 2015 – die zugehörigen Online-Redaktionen. Die Zählungen erfolgen auf Grundlage der Impressen, wobei nach Hierarchie-Ebenen gewichtet wird – je höher die Position, desto größer die Machtfülle. Die Entwicklung der Zahlen seit der ersten Zählung ist als animiertes Kamele- und Strauße-Rennen zu beobachten.

ProQuote fordert, Führungspositionen in deutschen Medien zur Hälfte mit Frauen zu besetzen.

#FrauenAnDieSpitze
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