Gleichstellung im Rundfunk: Deutsche Welle und RBB schneiden am besten ab

Berlin, 22.11.2018 – Der erste Teil der Studie „Welchen Anteil haben Frauen an der publizistischen Macht in Deutschland?“ wurde heute vorgestellt. ProQuote Medien diskutierte die Ergebnisse beim Deutschlandradio in Berlin mit führenden Persönlichkeiten aus Politik und Medien, darunter Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey:

„Von echter Gleichstellung sind wir auch in den deutschen Medien noch weit entfernt – das zeigt die aktuelle Studie ganz deutlich. Wer ausgewogene und vielfältige Berichterstattung will, der muss dafür sorgen, dass journalistische Führungspositionen gleichberechtigt zwischen Frauen und Männern verteilt sind. Das ist auch im Interesse der Zeitungshäuser und Rundfunkanstalten. Denn unterschiedliche Blickwinkel bereichern die Medien und können damit auch mehr Menschen erreichen. Frauen, die gute journalistische Arbeit leisten, müssen deshalb die gleichen Chancen haben, um ganz nach oben zu kommen. Auch in den Medien brauchen wir bessere Voraussetzungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und von Pflege und Beruf. Dazu gehören mehr Teilzeitangebote, eine flexible Kinderbetreuung und nicht zuletzt eine gleichwertige Bezahlung.“

Die Bundesfrauenministerin sprach sich auf Nachfrage von Sandra Maischberger, die die Debatte moderierte, eindeutig für eine Frauenquote aus. ZDF-Chefredakteur Peter Frey hingegen lehnt die Quote für sein Haus ab: „Aufstieg hat bei uns immer mit Mobilität und Flexibilität zu tun.“ Da hätten Frauen nach seiner Erfahrung oft Probleme, Karriere und familiäre Belange in Einklang zu bringen. „Begleitende Partner sind offenbar weniger als begleitende Partnerinnen bereit, Zugeständnisse zu machen.“ Senior Vice President ProSiebenSat.1 Media SE Annette Kümmel sprach sich ebenfalls gegen die Quote aus: „Weil wir sehen, dass wir eine wirklich weibliche Prägung auch ohne Quote schaffen.“ Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien unterstrich, dass sich der Frauenanteil nur ändern kann, wenn sich die Strukturen ändern: „Wir haben noch viel zu wenig Frauen in Führung im Haus und überlegen nun, auf Führung in Teilzeit zu setzen.“ Ein Schritt, der beim RBB schon unter Leitung der ehemaligen Intendantin Dagmar Reim vollzogen wurde, wie die Personalchefin des RBB, Sylvie Deléglise erläuterte. „Für uns ist es selbstverständlich, dass eine Führungsposition auch in Teilzeit zu besetzen ist. Das ist eine Frage der Organisation. Wir schauen, wie wir Frauen entwickeln können.“ Sabine Stamer vom Vorstand ProQuote Medien zeigte sich positiv überrascht von den Ergebnissen der Studie. So liegt der durschnittliche Frauenmachtanteil – ein gewichteter Wert der weiblichen Beteiligung im journalistisch-programmlichen Bereich – bei 37,7 Prozent. „Das kann aber nicht das Ende sein“, so Stamer. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss mehr forciert werden.“

Im Ergebnis der Studie erreicht die Deutsche Welle einen gewichteten Frauenmachtanteil von 51,9 Prozent, der RBB 51,0 Prozent. Auch WDR (44,6 Prozent), NDR (40,1 Prozent) und ZDF (39,4 Prozent) befinden sich auf dem Weg zu einer ausgeglichenen Teilhabe der Geschlechter in Spitzenpositionen. Die Führungsebenen kleinerer Anstalten wie Radio Bremen (32,2 Prozent), Saarländischer Rundfunk (25,6 Prozent) und Deutschlandradio (24,3 Prozent) sind hingegen noch weitgehend männlich geprägt. Grundlage der Zählung waren die Organigramme von zwölf öffentlich-rechtlichen Sendern, ausgewertet wurden jeweils die vier obersten Hierarchieebenen.

Der private Rundfunk stellte keine Organigramme zur Verfügung, sodass vergleichbar aussagekräftige Werte nicht ermittelt werden konnten. Auswertungen der öffentlich zugänglichen Informationen über das Top-Management ergaben Frauenanteile von 21,4 Prozent bei der RTL-Mediengruppe und 19,8 Prozent bei ProSiebenSat.1. In weiteren Auswertungen hat ProQuote Medien unter anderem 136 Studioleiter und Korrespondenten im Ausland gezählt (Frauenanteil: 31,6 Prozent) sowie 149 öffentlich-rechtliche und private Programmleitungen im Hörfunk (Frauenanteil: 24,8 Prozent). Zitate aus Gesprächen mit Gleichstellungsbeauftragten sowie Angaben zu frauenfördernden Maßnahmen der Sender runden die Betrachtungen der Studie ab.

Ein PDF der 80-seitigen Studie steht ab sofort auf www.pro-quote.de zum Download zur Verfügung. Der zweite Teil mit Fokus auf Print- und Onlinemedien erscheint 2019. Die Studie wird gefördert und unterstützt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Über ProQuote Medien: Der gemeinnützige Verein zählt und vergleicht seit 2012 die Frauenanteile in journalistischen Führungspositionen ausgewählter deutscher Medien. Zur Ermittlung der Frauenmachtanteile werden die Hierarchieebenen gewichtet – je höher die Position, desto größer die Machtfülle. Nähere Informationen zu Methoden, Grundgesamtheiten und Quellen enthält die Studie.

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