ProQuote moniert „Herren-Talks mit Alibi-Dame“ / WDR-Chef Buhrow plädiert für geschlechtersensible Berichterstattung

Hamburg, 7. April. Beim Antrittsbesuch von ProQuote beim WDR gab es Blumen für den Intendanten – aber auch kritische Worte. „Dass Tom Buhrow entscheidende Posten im Sender mit Frauen nachbesetzt – die Hörfunkdirektion, die Chefredaktion Fernsehen – freut uns sehr“, sagte die Vorsitzende der Journalisteninitiative, Annette Bruhns. Der Frauenanteil auf den obersten journalistischen Führungsebenen liege ab Mai bei 35,3 Prozent – deutlich höher als bei den meisten ARD-Anstalten. Manche untere Ebenen sind da männerdominierter. „Von den sieben Hauptabteilungsleitern Fernsehen sind nur zwei weiblich, bei den Abteilungsleitern Hörfunk steht es elf zu vier“, kritisierte Bruhns.

Die Forderung von ProQuote Medien, jede Hierarchieebene mit mindestens 30 Prozent Frauen zu besetzen, könne der Sender bis 2017 wohl noch nicht ganz erreichen, so der WDR-Chef. Das kürzlich von NDR-Intendant Lutz Marmor verkündete Fernziel, dass Männer und Frauen je zur Hälfte führen, teile er aber. „50 Prozent ist ein anzustrebendes Ideal“, sagte Buhrow. „Der WDR hat sich immer als fortschrittlicher Sender verstanden. Hier gab es schon Chefinnen, als ich 1985 als Volontär anfing, und viele Mitarbeiter mit Migrantenhintergrund.“ Das sei auch gut so, bekräftigte Buhrow: „Vielfalt dient der Qualität.“

Für die Zuschauer präsentieren sich WDR und ARD häufig noch reichlich männlich. „Monitor, Bericht aus Berlin oder Brüssel, Brennpunkte – überall erklären Männer die Welt“, sagte Bruhns und fragte: „Fällt das den Machern des Ersten nicht auf?“ Buhrow: „Monitor wurde viele Jahre von Sonia Mikich moderiert, die als neue WDR-Chefredakteurin auch künftig auf dem Bildschirm präsent sein wird. Und ich habe gerade die NDR-Kollegin Susanne Stichler in einem Brennpunkt zu dem verschwundenen Flugzeug gesehen.“

Als nachahmenswert empfahl ProQuote die Quotierung von Talkshow-Teilnehmern wie beim WDR-„Presseclub“. In der Regel sitzen zwei Frauen und zwei Männer in der Journalistenrunde. Bruhns: „Daran sollten sich Herren-Talks mit Alibi-Dame wie etwa ,Hart aber fair‘ oder ,Günter Jauch‘ ein Beispiel nehmen.“ Buhrows Antwort fiel entwaffnend ehrlich aus: „Wir gucken dank der zwei Intendantinnen innerhalb der ARD genauer auf dieses Problem. Das hilft uns Männern in der Runde, noch sensibler zu werden.“

Auf „frauTV“ als einzige Frauensendung innerhalb der ARD ist Buhrow stolz. „FrauTV wird inzwischen zu 37 Prozent auch von Männern gesehen.“ Vielleicht liege dies an einer geschlechtersensiblen Berichterstattung, mit der etwa auch die „Zeit“ in Zeiten der Printkrise großen Erfolg habe. Buhrows Analyse: „Männer reduzieren Sachthemen eher mal darauf, wessen Stuhl wackelt und wer davon profitiert. Ich bekomme mit, dass Frauen in meinem Umfeld das stinklangweilig finden – sie interessiert mehr die Sache an sich und deren Folgen für die Gesellschaft.“

Zum Schluss des fast einstündigen Gesprächs fragte Bruhns Buhrow, warum er in der Intendanz nur männliche Journalisten beschäftige – seinen Leiter und vier Referenten. Tom Buhrow: „Gegenfrage: Wäre Ihnen lieber, ich hätte eine Direktorin weniger und eine Referentin mehr?“

 

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