Kandidat Metzger leitet mit 100 Prozent Mann Radio Bremen. Ausnahme RBB: 57 Prozent Top-Frauen.
Die Journalisteninitiative ProQuote rügt, dass für den vakanten Intendantenposten beim WDR offenbar nur Männer gehandelt werden: Tagesthemen-Moderator Tom Buhrow, Radio Bremen-Intendant Jan Metzger und Stefan Kürten von der Europäischen Rundfunkunion. Medienberichten zufolge will die Findungskommission des WDR am 29. Mai den Nachfolger für die zurückgetretene Intendantin Monika Piel auswählen. „Die Findungskommission besteht aus acht Männern und zwei Frauen“, sagt ProQuote-Vorsitzende Annette Bruhns. „Kein Wunder, dass die Männerdominanz in Deutschlands Medien so schwer zu knacken ist.“ Bisher verantworteten mit Piel lediglich drei Intendantinnen die zwölf öffentlich-rechtlichen Sender.
ProQuote hat jetzt die obersten drei journalistischen Leitungsebenen aller Rundfunkanstalten ausgezählt (siehe Anhang). „Ausgerechnet das von Jan Metzger verantwortete Radio Bremen bildet das Schlusslicht in Sachen Frauenpower“, so Bruhns. Den Sender führen neun Männer – und keine Frau. Nur wenig besser sieht es beim Saarländischen Rundfunk aus mit sieben Männern und einer Frau an der Spitze. Auch beim ZDF und beim Deutschlandradio ist nur jeder fünfte journalistische Top-Entscheider weiblich.
Die Zahlen liefern auch eine Ursache der Misere. „Eine wichtige Voraussetzung für Karrieren sind Auslandserfahrungen“, erklärt SPIEGEL-Redakteurin Bruhns. Sowohl Buhrow als auch Metzger sind ehemalige Auslandskorrespondenten. „Die ARD-Auslandsstudios haben auch heute nur einen Frauenanteil von 19 Prozent, und beim ZDF ist nicht einmal jede vierte Korrespondentin eine Frau.“
Dass es anders geht, zeigen die Sieger der ProQuote-Auswertung. Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), der Hessische Rundfunk und die Deutsche Welle haben an der Spitze 40 Prozent Frauen und mehr; unter Piel war das auch beim WDR der Fall. Beim RBB haben mit 57 Prozent sogar mehrheitlich Frauen das Sagen. Intendantin Dagmar Reim hat beobachtet, warum auch kompetente Journalistinnen sich oft schlecht durchsetzen – und steuert gegen. „Eigenmarketing ist für Frauen ein Fremdwort“, so ProQuote-Unterstützerin Reim, „im Wortschatz vieler Männer hingegen scheint das Wort Selbstzweifel nicht vorzukommen.“ Deshalb müssten Frauen gezielt gefördert werden: „Im RBB machen das inzwischen auch die meisten männlichen Führungskräfte aus Überzeugung.“
Alle Zahlen der Auswertung von ProQuote der obersten journalistischen Führungsposten sowie die bei den Sendern abgefragten Anteile aller an Frauen vergebenen Leitungsstellen finden Sie hier; weitere Statistiken über die Mann-Frau-Verhältnisse in den Medien (auch bei Print und Online) unter: www.pro-quote.de/statistiken.