Chefredakteure bei TV, Online, Print fast nur männlich/Buhrow soll ausgewogen besetzen
Hamburg, 7. September. 98 Prozent aller Chefredakteure der deutschen Tages- und Wochenzeitungen und 82 Prozent der Chefredakteure bei den Fernsehsendern sind Männer, wie der Journalistenverein ProQuote gezählt hat. Auch bei den Leitmedien im Internet ist nur einer von neun Chefs weiblich. „Der wichtigste Intendant, der neue WDRChef Tom Buhrow, muss bei den anstehenden Neubesetzungen an der Spitze unbedingt auf das Mann-Frau-Verhältnis achten“, forderte ProQuote-Vorsitzende Annette Bruhns, „das hat Signalwirkung in die gesamte Branche.“
Über die Schieflage in der „Vierten Gewalt“ äußerten sich auch Spitzenpolitiker kritisch. „In der Medienlandschaft ist es problematisch, wenn ein Sachverhalt nur aus einer Warte betrachet wird“, kritisierte Peer Steinbrück, Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten. Diese sähen es „genau wie ProQuote: Wenn sich von selbst nichts bewegt in den Chefetagen, brauchen wir eine verbindliche Festschreibung“. Auch die Vize-CDU-Chefin, Ursula von der Leyen, plädierte für mehr Chefredakteurinnen. „Heterogen besetzte Spitzengremien ermöglichen breitere Diskussionen und differenziertere Entscheidungen“, so von der Leyen, „das gilt sicher auch für die Medien. Wer heute noch Monokulturen pflegt, läuft hohes Risiko, morgen vom Markt zu verschwinden.“ Von der Schwesterpartei CSU pflichtete Gerda Hasselfeldt bei, dass die selbst verordnete Frauenquote ihrer Partei „anderen ein Vorbild“ sein könne.
Rainer Brüderle (FDP) nannte die Steigerung des Chefinnen-Anteils eine „gesamtgesellschaftliche Herausforderung“. Die „Frauenfrage ist die soziale Frage unserer Zeit“, fand Diana Golze aus dem Spitzenteam der Linken. Spitzenpiratin Anke Domscheit-Berg erinnerte die Branche an ihre Verantwortung. „Medien schaffen mächtige Bilder und beeinflussen Realität“, so Domscheit-Berg. „In Deutschland behindern sie leider Fortschritt und Geschlechtergerechtigkeit.“ Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt betonte, dass ihre Partei „ausdrücklich das Anliegen von ProQuote“ unterstütze und fragte: „Wäre das nicht auch eine gute Idee derzeit für den Spiegel?“
Beim Nachrichtenmagazin soll demnächst der vierte Mann in die Chefredaktion einziehen. Bruhns sieht dennoch Fortschritte. „Im Februar 2012, als wir erstmals die 30-Prozent-Quote auf allen Hierarchieebenen forderten, hatte der Spiegel einen Frauenführungsanteil von 15 Prozent“, so die ProQuote-Frau. „Heute liegt der Anteil bei 25 Prozent.“
Wie geräuschlos Frauen Medien leiten, beweise der Hörfunk. „46 Prozent der Chefredakteurinnen der öffentlich-rechtlichen Radiosender sind Frauen“, so Bruhns. „Die bringen Tag für Tag Qualitätsjournalismus.“
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ProQuote-Grafik: Männerquote in den Medien
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ProQuote-Grafik: Frauenleitungsanteil in Leitmedien
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