Hamburg, 07. Januar 2025 – Als Netzwerk, das für Gleichberechtigung und Diversität in den Medien einsteht, fordert ProQuote nicht nur eine öffentliche Entschuldigung von ttt, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Aufarbeitung und Prävention.
Wir fordern:
- Eine öffentliche Entschuldigung und Anerkennung der Fehlbesetzung von Thilo Mischke durch die ARD
- Ein Umdenken in der Programmgestaltung, das Werte wie Gleichberechtigung, Diversität und Diskriminierungskritik in den Mittelpunkt stellt.
- Fortbildungen für die Redaktions- und Führungsteams der ARD, um patriarchale Strukturen zu erkennen und abzubauen.
- Eine transparente Diskussion über Machtstruktureninnerhalb der ARD und wie diese abgebaut werden können.
Der Umgang von titel thesen temperamente (ttt) mit der Besetzungsentscheidung rund um Thilo Mischke hat einmal mehr die tief verankerten patriarchalen und diskriminierenden Strukturen in der Medienbranche offengelegt. Trotz berechtigter Kritik an Mischkes Vergangenheit – die sexistische Aussagen und die Befürwortung von sexualisierter Gewalt einschließt – reagierte die Redaktion zunächst zögerlich und letztlich ohne echte Selbstreflexion.
Den entscheidenden Wendepunkt brachte der öffentliche Druck: Nachdem am 19.12.2024 ttt Mischke als neuen Moderator bekannt gab, veröffentlichten die Journalistinnen Annika Brockschmidt und Rebekka Endler gemeinsam mit Anja Rützel am 23.12.2024 die Podcastfolge “Causa TTThilo Mischke” in ihrem Podcast Feminist Shelf Control. In dieser Folge beleuchtet der Podcast die problematischen Hintergründe von Mischkes Büchern und diversen Aussagen sowie die Verantwortung von ttt, sich klar gegen solche patriarchalen Strukturen zu positionieren. Doch erst am 02.01.2025, als sich prominente Kulturschaffende in einem offenen Brief an die ARD wandten und eine Zusammenarbeit mit ttt unter diesen Umständen ausschlossen, handelten die Verantwortlichen. Letztendlich entschied sich ttt, Mischke doch nicht als Moderator einzusetzen.
Anstatt Verantwortung für diese Fehlentscheidung zu übernehmen, veröffentlichte ttt eine Erklärung auf Instagram, die den Fokus darauf legt, „einen weiteren Rufschaden von ttt und Thilo Mischke abzuwenden“ – ein Schlag ins Gesicht all jener, die für eine diskriminierungskritische und reflektierte Medienlandschaft kämpfen.
Image-Schachzug statt ernsthafte Reflexion
Diese Entscheidung macht deutlich: Es ging nicht um eine kritische Auseinandersetzung mit eigenen Werten oder eine ernsthafte Reflexion über die Reproduktion sexistischer, rassistischer und patriarchaler Strukturen. Stattdessen handelte es sich um einen reinen Image-Schachzug, der den Druck von außen abfedern sollte. Eine echte Entschuldigung? Fehlanzeige.
Besonders irritierend ist die Aussage der ARD-Programmdirektorin Christine Strobl, die die „Debatte um Mischke“ als problematisch bezeichnet und zur „normalen Debattenkultur“ zurückkehren möchte. Diese Worte wirken wie ein weiterer Versuch, bestehende Machtverhältnisse zu verteidigen und die Kritik an struktureller Diskriminierung als unangemessen darzustellen. Doch was ist in diesem Kontext „normal“? Wer definiert diese Norm? Aus intersektional feministischer Perspektive ist klar: „Normale Debattenkultur“ ist zu oft ein Synonym für weiße patriarchale “Bro Culture”, wie schon Mareice Kaiser dieses Phänomen treffend betitelte. Die Stimmen marginalisierter Gruppen werden unterdrückt und ein kritisches Hinterfragen von Machtstrukturen im Keim erstickt.
Die Causa Mischke ist ein Symptom eines viel größeren Problems. Solange Medienschaffende die Verantwortung für ihre Entscheidungen meiden und Kritik mit Begriffen wie „Debattenkultur“ delegitimiert wird, wird sich an den bestehenden Strukturen nichts ändern. Es ist an der Zeit, echte Verantwortung zu übernehmen und diskriminierungssensible, inklusive Räume in der Medienwelt zu schaffen.
ProQuote fordert Konsequenzen und Transparenz
Als Netzwerk, das für Gleichberechtigung und Diversität in den Medien einsteht, fordert ProQuote nicht nur eine öffentliche Entschuldigung von ttt, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Aufarbeitung und Prävention.