ProQuote nimmt erstmals die Regionalzeitungen unter die Lupe

Deutschlands Regionalzeitungen beschreiben die Welt weitgehend aus männlicher Perspektive, wie die Journalisteninitiative „ProQuote Medien“ recherchiert hat.
Deutschlands Regionalzeitungen beschreiben die Welt weitgehend aus männlicher Perspektive, wie die Journalisteninitiative „ProQuote Medien“ recherchiert hat. So sind 95 Prozent der Chefredakteure aller 100 Regionalzeitungen, die noch ihren eigenen Mantel produzieren, Männer. Auch unter ihren Stellvertretern sind nur 18 Prozent Frauen. Über die Gründe schweigt sich die Mehrheit der Verantwortlichen aus. ProQuote hatte alle Redaktionen angeschrieben und Erklärungen für die Einseitigkeit an der Spitze erbeten. Lediglich sieben Chefredakteure und eine Chefredakteurin antworteten. Ulrike Trampus von der „Ludwigsburger Kreiszeitung“ lehnt eine Quote ab. „Chefredakteurin oder Stellvertreterin muss man sein wollen, dafür auch den Rückhalt des privaten Umfelds haben und vor allem: sich den Job zutrauen“, so die Chefredakteurin. Hans-Herbert Jenckel von der „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“ sieht das Problem dagegen im beruflichen Umfeld: Auf dem Weg an die Spitze sei ein „Engpass“, so Jenckel. „Da pappt ein Schild: Zutritt nur für Frauen, die wie Machos wüten.“ Den Status Quo präge das Image „harter Blattmacher mit Ellenbogen und Ego“. Aber, so der Journalist kämpferisch, „nicht mehr lange“. Abhilfe erhofft sich Michael Garthe, Chefredakteur „Die Rheinpfalz“, von einem internen Führungsmodell zur Vereinbarkeit von Job und Familie, das 2015 in einem Seminar „Frauen in Führungspositionen“ entstand. Bisher müsse er stets Kolleginnen zu Führungspositionen überreden. Derzeit gebe es etwa keine Bewerberin für den Chefposten für Digitales. „Zwangsläufig wird ein Mann zum Zuge kommen“, bedauert Garthe, „und diese Position dann auf viele Jahre hinaus besetzen“. ProQuote-Vorstand Johanna Lemke, Redakteurin der „Sächsischen Zeitung“, bei der 50 Prozent aller Führungsposten mit Frauen besetzt sind, hat das Ergebnis der Zählung überrascht. „In der Regionalliga gilt allgemein noch das Motto: Spiel – Satz – Mann“, so Lemke. Auf dem heute beginnenden Zeitungskongress 2016 will sich Mathias Döpfner zum ersten Mal in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) öffentlich äußern. ProQuote hatte ihm unlängst bereits die Zahlen zur Schieflage an der Spitze der Regionalzeitungen zukommen lassen. „Wir sind gespannt, welche Maßnahmen Herr Döpfner dagegen vorschlägt“, so ProQuote-Vorstandsvorsitzende Maren Weber. „Wenn Frauen sogar die auflagenstärksten Zeitungen der Republik, ‚Bild’ und ‚Bild am Sonntag’, verantworten, müsste das doch in den Regionen ein Leichtes sein.“ Alle Antworten sowie die Besetzungen aller 100 Chefredaktionen finden Sie auf unserer interaktiven Karte: www.pro-quote.de/regionalzeitungen  

Querverweis: Mit dem Begriff Frauen* beziehen wir uns auf alle Personen, die sich als Frauen identifizieren oder von der Gesellschaft als Frauen gelesen werden, einschließlich Transfrauen, Intersexuellen, Nonbinary Personen und allen, die sich mit dem weiblichen Spektrum identifizieren, um die Vielfalt und Komplexität von Geschlechtsidentitäten anzuerkennen und einzuschließen.

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