Unbemerkt hat der NDR eine Männerquote eingeführt. Bis Anfang Mai war das Ziel: ein Frauenanteil von 50 Prozent in allen Bereichen und auf allen Gehaltsstufen. Diese Vorgabe wurde in der neuen auch senderintern bisher wenig bekannten „Dienstvereinbarung zur beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern“ auf 30 Prozent abgesenkt. Sie gilt auch für den Männeranteil auf jeder Gehaltsstufe und in jedem Beruf. „Das ist ein Novum in der Gleichstellungspolitik“, sagt die Vorsitzende des Vereins ProQuote Medien e.V., Spiegel-Redakteurin Annette Bruhns. „Für Sekretariate ist das durchaus zu begrüßen. Aber in einigen Redaktionen könnte dadurch die Dominanz von Männern noch zunehmen.“
Beispiel NDR Aktuell: Insgesamt arbeiten dort mehr männliche als weibliche Redakteure. Im Einstiegstarif G4 aber überwiegt der Frauenanteil. „Da müssen dann Männer bevorzugt eingestellt werden, wenn ihr Anteil unter 30 Prozent sinkt“, so Bruhns. „Während die Spitze des NDR sowieso weitgehend von Männern beherrscht wird, werden nun auch noch bevorzugt männliche Redakteure eingestellt.“
Der Intendant des NDR, Lutz Marmor, erklärte auf Anfrage von ProQuote Medien e.V., die Absenkung auf 30 Prozent sei nur eine „verwaltungstechnische Grenze“ während die „strategische Quote“ intern weiterhin „unverändert bei 50 Prozent“ liege, gerade auch für die Führungsetagen.
Die ProQuote-Vorsitzende Bruhns hofft, dass der NDR sein strategisches 50-Prozent-Ziel „trotz der neuen Dienstvereinbarung rasch erreicht“.
In der zehnköpfigen Geschäftsleitung des NDR sind neben Intendant Lutz Marmor und seinem Stellvertreter Dr. Arno Beyer sechs Männer und zwei Frauen vertreten. Die 27 Programmbereiche werden nur in sieben Fällen von Frauen geleitet.