Nachdem Ende Juni im SWR vier Männer in die Geschäftsleitung gewählt wurden, ist das ungleiche Verhältnis zwischen Frauen und Männern auf höchster Führungsebene zementiert worden: Von acht Mitgliedern der Geschäftsleitung sind lediglich zwei Frauen. Der Journalistinnen-Verein ProQuote Medien fordert nun von SWR-Intendant Peter Boudgoust, zumindest auf Hauptabteilungsleiter- und Redaktionsleiterebene für eine paritätische Besetzung zu sorgen.
„Es ist nicht wirklich nachzuvollziehen, dass Intendant Boudgoust in seiner inzwischen mehrjährigen Amtszeit keine geeignete Frau für diese vier Direktoren-Positionen in ganz Deutschland gefunden haben will“, sagt Annette Bruhns, Vorsitzende von ProQuote Medien. „Da stellt sich die Frage, warum er nicht langfristig potentielle Kandidatinnen aufgebaut hat.“
Auch SWR-Rundfunkrätin Gisela Bill vom Landesfrauenbeirat Rheinland-Pfalz bezweifelte die Erklärung Boudgousts, dass er geeignete Frauen angesprochen und von jeder eine Absage bekommen habe. In der Rundfunkratssitzung des SWR am 29.6.2012 zur Berufung der vier Direktoren enthielt sich Bill: Es sei für eine moderne Sendeanstalt eine Frage der Qualität, dass auch an der Spitze des Hauses ein gemischtes Team die Entscheidungen treffen würde. „Wir Frauen erwarten von den beiden rot-grünen Landesregierungen verbindliche Quoten im neuen Rundfunkstaatsvertrag, um die faktische 75-prozentige Männerquote in der Geschäftsleitung und in den Gremien aufzubrechen“, so Bill.
Die beiden Frauen in der insgesamt achtköpfigen Geschäftsleitung des SWR sind derzeit die Leiterinnen der Landessender Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Dr. Simone Sanftenberg und Ingrid Felgenträger.
Die Männerlastigkeit setzt sich nach unten fort. Von den 31 Hauptabteilungen des SWR werden nur sechs Abteilungen von Frauen geführt. Doch Boudgoust hat die Chance zur Verbesserung: Vier Hauptabteilungen sind neu zu besetzen – SWR 3, die beiden Fernsehabteilungen Unterhaltung, Film- und Familienprogramm sowie der Bereich Intendanz und Kommunikation.
Ein Gespräch lehnte Boudgoust ab. Das ist umso bedauerlicher, als dass sich bereits alle Parteien für den im kommenden Jahr in Kraft tretenden neuen SWR-Staatsvertrag verpflichtet haben, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu realisieren.
ProQuote Medien wird auf einer Erklärung bestehen. Der aus einer bundesweiten Initiative von Journalistinnen entstandene Verein in Gründung verfügt über ein stetig wachsendes Netzwerk. Bereits jetzt haben sich mehr als 4300 Frauen und Männer öffentlich zum Satzungsziel von ProQuote Medien bekannt, in den nächsten fünf Jahren 30 Prozent der Führungspositionen in den Medien mit Frauen zu besetzen – und zwar auf allen Hierarchiestufen.