Steingarts Quotenversprecher

Hamburg, 24.11.2014 Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart ist ein Meister des Wortes, doch Wort hält er nicht. Erst Mitte August hatte Steingart angekündigt: „Wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Das Handelsblatt kann und muss mehr Führungsverantwortung an Frauen übertragen.“ Doch die Hausaufgaben wurden nicht erledigt.

Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass bereits im ersten Quartal 2015 die Digitalredaktionen „Handelsblatt Online“ und „Handelsblatt Live“ mit der Printredaktion verschmelzen sollen. Zugleich rückt mit Sven Afhüppe ein weiterer Mann an die Spitze der Chefredaktion. Afhüppe war bislang stellvertretender Chefredakteur, künftig soll er mit dem bisher allein verantwortlichen Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs gemeinsam den Redaktionsumbau steuern. Eine Frau in der HB-Chefredaktion? Die ist weiterhin nicht in Sicht.

„Das Handelsblatt ist und bleibt ein Altherrenclub. Die von Gabor Steingart abgegebenen Versprechen sind nichts wert, im Gegenteil. Wir werden das Gefühl nicht los, dass er sich nur dann öffentlich zu einer Frauenquote in seiner Redaktion bekennt, wenn er öffentlich damit punkten kann. Das erinnert doch sehr stark an ein Fähnchen im Wind“, sagt Pro-Quote-Vorstand Dr. Sylvia Nagel.

Steingart hatte 2011 als damaliger Handelsblatt-Chefredakteur öffentlich eine 30-Prozent-Frauenführungsquote für sein Blatt angekündigt – das gebiete „nicht nur die Gerechtigkeit, sondern auch die ökonomische Vernunft“, hatte er damals argumentiert. Weil nichts passiert ist, bekam er im August den Negativpreis „Betender Gartenzwerg“ von ProQuote. „Diesen Preis wollen wir kein zweites Mal entgegennehmen“, sagte er damals.

In der aktuellen Wochenend-Ausgabe des Handelsblatts listet das Impressum für die erweiterte Chefredaktion, Managing Editors, Textchef, Ressortleiter und verantwortliche Redakteure 16 männliche Verantwortliche auf. Daneben findet sich lediglich eine weibliche Ressortleiterin.

Handelsblatt-Herausgeber Steingart, der zugleich Vorsitzender der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Handelsblatt ist, steht im Wort. Er muss liefern. Ansonsten bleibt er lediglich ein Meister der öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen – mehr aber auch nicht.

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